Lebendiges Miteinander im Tibarg Center trotz Trennwänden

Es ist ja immer ein zweischneidiges Gefühl, inmitten einer Corona-Welle eine Biathlon-Tour-Etappe zu veranstalten. Auch heute, am 2. Sonntag des noch jungen Jahres 2022 ist da ganz viel Freude in uns über die Rückkehr in den Tibarg Center in Hamburg-Niendorf, wo wir kurz vor dem 1. Corona-Lockdown im Januar 2020 so eine großartige Biathlon-Etappe erleben durften. Heute, genau 2 Jahre später ist die Situation ungleich komplizierter. Die Inzidenz in Hamburg liegt aktuell am Beginn der Omikron-Welle bei 630, Tendenz steigend. Ab dem morgigen Tag gilt in ganz Deutschland 2G+ für Indoor-Sport, doch am heutigen verkaufsoffenen Sonntag in Hamburg ist die Biathlonetappe unter strengen Hygienebedingungen noch als Mitmachevent für Geimpfte ohne zusätzlichen Test möglich. Über alle Erschwernisse, die einem lebendigen, stimmungsvollen Event und einem Miteinander begeisterter Zuschauer und motivierter WettkämpferInnen im Wege stehen, wird seit fast 2 Jahren so selbstverstänlich geredet, dass man sie längst für unser neues Leben, unsere neue Normalität halten könnte. Ich meine z.B. Maskenpflicht beim Wettkampf, Trennwände zwischen den Schießplätzen, Einlasskontrolle mit Impfpass-Check, Abstand halten oder hunderte Male mit Alkohol besprühte Gewehre und Skistöcke. Es wäre so nachvollziehbar, wenn das rührige Centermanagement des Tibarg Centers um Kerstin Huttanus und Isabel Prestin irgendwann an den Vortagen gesagt hätte “so macht es keinen Sinn”. Ein Event soll Zusammenführen und nicht lauter Probleme im Vorfeld erzeugen. Es wäre auch nachvollziehbar gewesen, wenn heute die Begeisterung der Wettkämpfer und Zuschauer kaum aufgekommen wäre. Doch beides passiert nicht. Die beiden Centermanagerinnen haben ein zusätzliches Check-Team organisiert, das den ganzen Tag über mit Empathie Impfpässe und Ausweise kontrolliert und die Warteschlange managt. Über 50 WettkämpferInnen lassen sich von Maskenpflicht und Wartezeiten weder die Laune noch die Motivation nehmen und das sympathische Publikum spendet so manches Mal Applaus für die Biathlonnovizen, sogar die biathlontypischen oooh- und hey-Rufe für Fehlschüsse und Treffer bahnen sich den Weg durch die Masken und durch den Tibarg Center. Unser eingangs beschriebenes zweischneidiges Gefühl kann in solchen Momenten eindeutig als Aufbruchstimmung identifiziert werden.

Die Olympiasiegerin ist voll dabei!

Dieser Biathlon-Tag im Tibarg Center, ganz im Nordwesten der Hansestadt im Stadtteil Niendorf gelegen, profitiert nicht nur bei der Organisation der Hygienemaßnahmen von der Professionalität des Centermanagements. Es gehört schon mutige Konsequenz dazu, für einen verkaufsoffenen Sonntag mit derart schwierigen Rahmenbedingungen und sicher keiner euphorischen Besucherzahlprognose, alles das dennoch zu bieten, was neugierig auf ein Eventspektakel macht. Es war für Centermanagerin und Biathlonfan Kerstin Huttanus Herzensangelegenheit und unverzichtbarer Eventbestandteil zugleich, dass nach dem sympathischen Micha Rösch zur Etappe 2020 erneut ein Wintersportstar im Tibarg Center dabei sein soll. Und dabei hatte sie erneut ein ausgezeichnetes Gespür. Mit der bayerischen Doppel-Olympiasiegerin von Salt Lake City 2002 und Vancouver 2010, Evi Sachenbacher-Stehle, steht dem Event eine empathische frühere Sportchampionin zur Seite, deren aufmerksame Präsenz den ganzen Tag über schon einen Erklärungsansatz liefert, warum sie ihre rund 15-jährige Sportkarriere als Skilangäuferin und Biathletin so erfolgreich gestalten konnte. Evi sucht den Kontakt zu den Menschen, antwortet in den Interviews lebhaft , offen und herzlich, facht die Stimmung an mit hey- und oooh-Rufen, schreibt Autogramme und Widmungen, trainiert die Biathlonneulinge und kümmert sich rührend auch um die jüngsten Kids. Nebenbei stellt sich die an 4 Olympischen Spielen (2002 Salt Lake City, 2006 Turin, 2010 Vancouver, 2014 Sotchi) aktive 10-malige Gewinnerin eines Weltcuprennens auch im Tibarg Center zweimal dem Biathlonwettkampf und kann dabei die erfreulich starke Gegenwehr von Centermanagerin Kerstin Huttanus und dem Hamburger Sportausschuss-Vorsitzenden und SPD-Vorsitzenden in Niendorf, Marc Schemmel, jeweils knapp abwehren. 7 Jahre nach dem Ende ihrer aktiven Sportkarriere erreicht Evi im Tibarg Center immernoch das Zweitbeste Resultat des Tages unter den mehr als 50 Wettkämpfern. Nicht nur dafür ziehen wir den Hut vor der heute 41-jährigen zweifachen Mama.

Die Jederfrau/-mann-Wettkämpfe

Den Biathlon-Wettkampf um den Etappensieg bieten wir in der bewährten Biathlon-Tour-Variante an. Leider nur mit 2 statt 3 Skilanglauf-Ergometern, weil 3 nebeneinanderliegende Bahnen die Abstandsregeln torpedieren würden. So werden es also Biathlonduelle, aber die machen richtig Laune und das Schöne ist, sie reissen den Tag über nie ab und manche Neugierigen nehmen auch längere Wartezeiten dafür Inkauf. Nicht für alle Mitmachenden steht der Sieg im Mittelpunkt. Einige erzählen uns, dass sie am Mittag noch Biathlon-Weltcup in Oberhof im TV geschaut und sich dann “auf die Socken” gemacht haben für ihr eigenes Biathlonerlebnis im Tibarg Center.. So etwa Tim Wieckert und Arne Pätzold (im Bild oben, oben rechts) die im Duell den Schnelsener Meister ermitteln. Tim machts mit 3:1 Treffern. Im Vater-Tochter-Duell der Biljes (im Bild oben, untenrechts) stets nach Treffern 2:2, doch Tochter Lene ist schneller als Vater Tobias. Häufiger schießen die Frauen besser und die Männer sind die schnelleren beim Doppelstockschub über die virtuellen 400m. Die junge Handballerin dreht das in diesem Fall um und erzielt starke 2:52 Minuten. Noch ein Vater-Tochter-Duell kämpfen Marissa und Holger Herzog aus (im Bild oben, unten links). Hier liegt das Biathloninteresse zu 100% bei Tochter Marissa, die ihrem Vater ein 3:3 nach Treffern abtrotzt. Ines Müller (im Bild oben, oben links) ist so fasziniert von der Sportart Biathlon, dass sie sich schon seit Tagen auf das Event im Tibarg Center freut und sich nun erstmals in “ihrer” Sportart versuchen kann. Mit 2 Treffern macht sie gleich eine gute Figur.

Die Etappenführung wechselt in jeder Stunde

Das erste Etappensiegerverdächtige Ergebnis erzielt zwischen 13 und 14 Uhr die skilanglaufbegeisterte Carola Weller (im Bild rechts), die zusammen mit ihrer Ski-Freundin Gesine Cornelissen an den Start geht. Die Web- und Software-Spezialistin erreicht gleich 4 Treffer mit ihren 5 Schüssen und übernimmt nach 3.24 Minuten für ihren 400 m-Skilanglauf UND die 4 Treffer zunächst die Etappenführung, die aber kaum eine volle Stunde Bestand hat, denn Florian Weritz schafft ebenfalls das Bravourstück von 4 Treffern, jedoch in 3:01 Minuten noch einige Sekunden schneller als Carola. Florian verfügt schon über etwas Sommerbiathlon-Erfahrung. Doch der eine kleine Wackler, der zu seinem einzigen Schießfehler führt könnte heute schon dafür sorgen, dass es nicht zum Tagessieg reicht, denn er wird noch fast 4 Stunden lang der “Gejagte” bleiben. Dem Tagessieger winken Einkaufsgutscheine des Tibarg Centers und von Intersport im Wert von 350 Euro. Darum lohnt es sich zu kämpfen, finden Viele.

Zwei sportliche Kämpfer

Der junge Handballer Dilraj Channa (im Bild rechts) lässt sich einige Zeit an der Biathlonarena zum üben. Zunächst gelingt es ihm nicht so gut mit dem Biathlongewehr, doch von einer zur nächsten Übungsrunde wird er besser. Es ist immer auf’s Neue erstaunlich, wie viel Manche in kurzer Zeit mit intensivem Üben bewegen können. Dilraj schafft nach den 400 m Skilanglauf 4 Treffern mit seinen 5 Schüssen und verpasst die Führung mit 3:21 Minuten nur der etwas schwächeren Zeit wegen.

Azim Madahi hatte sozusagen den ganzen Tag über einen Logenplatz an der Biathlonarena, denn als Mitarbeiter der unmittelbar angrenzenden Bäckerei Knaack konnte er den Biathlon-Wettkampf weder überhören noch übersehen. Mit seinem Dienstschluss wechselt der 24-jährige ehemalige Verbandsligafussballer von der Bäckereitheke ans Biathlongewehr und zeigt in gleich 3 Wettkämpfen seine sportlichen Kämpferqualitäten. Sein bester Wettkampf führt ihn zu 3:00 Minuten und 4 Treffern, womit er sich genau 1 Sekunde vor Florian Weritz platziert.

Der sportliche Unsportliche

Sportlich sei er eigentlich überhaupt nicht sagt Elias Grams kurz vor dem Start in seinen Biathlon-Wettkampf. Bis dahin hatte er über mehrere Stunden die Impfpässe und Ausweise der Teilnehmer gecheckt, zusammen mit Sol Sa sympathisch die Warteschlange organisiert und zwischendurch auch immer noch Zeit dafür, die Biathlonneulinge bei ihren Wettkämpfen mit Applaus zu unterstützen. Eigentlich klar, dass er auch selbst noch seine (Un-)Sportlichkeit testen möchte. Nach wenigen Schüben auf dem Skilanglauf-Ergometer wird klar, dass Elias’ Definition von unsportlich durchaus für die Etappenführung reichen könnte. 2:57 Minuten und starke 4 Treffer später bleibt kein Restzweifel. Elias fängt Azim um 3 Sekunden ab. Reichen tatsächlich 4 Treffer zum Etappensieg? Wir erinnern uns, auch der Tibarg Center-Sieger von 2020, Handballer Aaron Petersen, erreichte seinen Sieg mit 4 Treffern statt mit einem fehlerlosen Schießen.

Wenn schon kein Schnee liegt…

Zwei echte Wintersport- und Skilanglauffans finden den Weg zur Biathlonarena im Tibarg Center nicht zufällig. Diana und Thomas Berger aus Hamburg planen ihr “Ehe-Duell” im Biathlon zumindest mit ein wenig Vorerfahrung, denn 2019 nahmen die beiden an der Lauf-Biathlon Team-Challenge in der Schierker Feuerstein Arena teil, die eine Etappe der Biathlon Deutschland-Tour war und ist. Die Strafrunden für Fehlschüsse wurden dort seinerzeit auf dem Thoraxtrainer absolviert, so dass die beiden bereits ein paar Meter Erfahrung auf den Skilanglauf-Ergometern mitbringen. Viel erfahrener sind sie beim klassischen Skilanglauf in der Loipe, denn Dianas Eltern wohnen im Harz und wenn dort die Schneebedingungen passen, dann juckt es den Bergers in den Füßen. Heute müssen sie sich mit “Trocken-Ski-Langlauf im Tibarg Center begnügen, doch Evi Sachenbacher-Stehle lobt in der Moderation gleich die Technik der Beiden. Und wie läuft es am Biathlongewehr? Diana ist die Schnellere der beiden erreicht 3:12 Minuten und 3 Treffer, die zum 14. Platz der Gesamtrangliste und zur drittbesten Damen-Platzierung des Tages reichen. Chapeau!

Thomas lässt sich beim Schießen in den kritischen Momenten etwas mehr Zeit. Das könnte eine gute Entscheidung sein. 2019 hatte er bei der Teamchallenge mit 6 seiner 10 Schüsse getroffen, 2020 dann schon mit 8 von 10 Schüssen. Heute sind es 3 Treffer mit 3 Schüssen, als Diana fertig ist und unmittelbar danach legt Thomas den 4. Treffer nach. Jetzt hat er alle Chancen auf die Etappenführung. Sollte Thomas der erste Wettkämpfer im Tibarg Center werden, der ein fehlerloses Schießen schafft? Evi zeigt noch Zweifel, der 5. Schuss macht besonders gerne, was er will und hat schon größere Biathlonträume jäh beendet. Gut, dass Thomas diese Zweifel nicht selbst hat, seiner Linie treu bleibt und tatsächlich mit dem 5. Treffer das Meisterwerk beendet. Da darf man wahrlich schon mal jubeln, denn er bleibt bis zum Etappenende der Einzige “Fehlerlose” des Tages und holt den Sieg der 7. Biathlon-Tour-Etappe. Herzlichen Glückwunsch!

Die Ehrung der Besten und ein herzliches Dankeschön

Evi Sachenbacher-Stehle und Kerstin Huttanus ehren die 3 Tagesbesten mit Einkaufsgutscheinen im Wert von 150, 100 und 50 Euro. Thomas Berger gewinnt darüber hinaus den 200 Euro-Gutschein von Intersport. Elias Grams freut sich über den 100 Euro-Tibarg Center-Gutschein und Azim Madahi erkämpfte den Gutschein über 50 Euro.

Die Biathlon-Tour bedankt sich mit großem Respekt vor allen WettkämpferInnen, die teilweise Geduld mitbringen mussten in der Warteschlange und die sich selbst durch die Maskenpflicht nicht abhalten liessen in einer für die meisten gänzlich neuen Sportart Wettkampferfahrung zu sammeln. Ebenso dankbar sind wir dem wieder tollen Publikum hier im Tibarg Center, das mit Applaus und Unterstützung für die WettkämpferInnen nicht gespart hat.

Herzlich dankeschön sagen wir Evi Sachenbacher-Stehle, die eine tolle Botschafterin des Wintersports im Allgemeinen, dem Skilanglauf und Biathlon im speziellen hier im Tibarg Center war und mit ihrer Präsenz und Lebendigkeit richtig Freude machte.

Der abschließende Dank gilt zum einen meinem tollen Team der Biathlon-Tour, Daniel und Harry für stets verlässliche Arbeit auch wenn’s mal hart wird, zum anderen dem überragenden Tibarg Center-Team. Ob der Leiter der Sicherheit, Thomas Kiral oder die beiden Organisatorinnen aus dem Centermanagement, Isabel Prestin und Leiterin Kerstin Huttanus, sie alle haben tolle Arbeit geleistet und machen als Menschen die Zusammenarbeit mit ihnen so angenehm!

Bilder: Siegward Pein Technik: Daniel Holtschneider Text: Martin Bremer