Man hört die Herzen höher schlagen

Special Olympics Deutschland ruft uns und wir kommen mit ganz viel Vorfreude zurück in die Biathlon-Metropole Oberhof, um im Rahmen der Nationalen Winterspiele für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung am “Bunten Nachmittag der Begegnung” Biathlon für alle Neugierigen anzubieten. Mit den so positiven Erfahrungen aus unseren ersten beiden Inklusions-Biathlons in Bergheim im Herzen und ausgerüstet mit einer zusätzlichen akkustischen Schießanlage für blinde und sehbeeinträchtigte Sportler sind wir an diesem letzten Januar-Tag ab 11 Uhr auf dem großen Stadtplatz sehr gespannt auf die Begegnungen mit den Sportlern und Betreuern aus ganz Deutschland, die in verschiedenen Sportarten, wie Schneeschuhlauf, Skilanglauf, Eiskunstlaufen, Snowboard, Ski Alpin oder auch Tanzen, Klettern, Floorball in den Städten Erfurt, Weimar und Oberhof aktiv sind und um Medaillen kämpfen. Zum “Bunten Nachmittag” kommen die Gruppen zu ganz unterschiedlichen Zeiten nach Oberhof, so dass wir an der mobilen Biathlonarena über 6 Stunden wahrlich einen stetigen Strom der Begegnungen erleben, die so viel intensiver, näher und bewegender sind, als es mit einem Begriff wie “Inklusions-Biathlon” auch nur annähernd erfasst werden könnte. Wir erleben so berührende Erwartungsfreude, so großes, sichtbares Bemühen, wunderbare Begeisterungsfähigkeit, herrliche Aufgeregtheit ebenso wie beeindruckend geduldiges “wieder-und-wieder-versuchen. Besonders freut uns der Mut von mehr als 70 Wettkämpfenden, die bei 400m auf den Skilanglauf-Cardiogeräten und 5 Schüssen Stehendschießen auf die 45 mm-Ziele um den Etappensieg und das letzte Finalticket der Toursaison kämpfen, doch auch bei den ca. 500 Schnupperschützen meinen wir so häufig an diesem Tag das höher schlagende Herz zu hören. An der Biathlonarena entfaltet sich wortwörtlich ein “Tag der Begegnungen”, der für uns wohl mindestens so unvergesslich wird, wie für unsere Wettkämpfenden.

Das Tourteam, die Wettkämpfenden und 2 Stimmungsproben

Einen besonderen Erfolg für dieses Event können wir schon in den Tagen zuvor erreichen, denn mit dem Biathlon C-Trainer für Leistungssport, Uwe Frankenberg aus Zella-Mehlis (im Bild in der hellblauen Jacke während des Kennelernens der akkustischen Schießanlage und beim Coaching), bekommen wir ebenso kompetente wie höchst engagierte Mithilfe in der Betreuung und im Coaching in diesen durchaus winterlich kalten und windigen 6 Stunden. Uwe, der zusammen mit seiner Frau, Carola, auch in wenigen Wochen am 24.02. wieder die Rolle der Schießleiter des Tourfinals in der Skisporthalle Oberhof einnehmen wird, schafft es mit seinem Biathlon-Enthusiasmus und seiner Freude im Umgang mit Menschen in besonderer Weise, die Neugierigen aus einem flüchtigen Moment hinein zu holen in ein echtes Biathlonerlebnis.

Da auch meine Kollegen Harry und Marco viel Herzblut im Umgang mit Menschen auszeichnet entstehen an der Biathlonarena den gesamten Tag über immer auf’s Neue Momente der Freude, des Lachens und des mutigen Ausprobierens in der Sportart, für die Oberhof besonders bekannt ist, die aber im Wettkampfprogramm der Special Olympics in diesem Jahr (noch?) nicht enthalten ist.

Wir hatten ehrlich gesagt, nicht damit gerechnet, an diesem Tag einen so großen Zuspruch von über 70 Wettkämpfenden zu erhalten. Biathlon ist nicht nur eine sehr komplexe Sportart, sondern das spontane Mitmachen erfordert auch einiges Erklären bzw. Aufnahme von Information in kürzester Zeit. Dabei erleben wir gerade die behinderten Sportler als beeindruckend offene Menschen, die eine gewisse Leichtigkeit und Ungehemmtheit in das spontane Event einbringen. Eine solche Haltung ist keineswegs selbstverständlich. Durch die zahlreichen Wettkämpfe entsteht ein stimmungsvoller Tag mit zahlreicher Interaktion zwischen Wettkämpfenden und Publikum, viel Applaus, Anfeuerung und Empathie.

Wie sich das anhört bringen die beiden kleinen Videos von Uwe Frankenberg nahe:

Biathlon für Blinde UND sehende Sportler

An der akkustischen Schießanlage erleben wir aktuell, dass die Konditionierung von Schießen mit visuellem Anvisieren so tief bei den Menschen verankert ist, dass alleine schon das Schließen beider Augen als Vorbereitung auf das Schießen den Mitmachern Mühe bereitet. Jedenfalls gestaltet sich der Wechsel vom visuellen auf das akkustische Anvisieren nur bei Wenigen von Beginn an problemlos. Erste Vergleiche zwischen “Sehenden” und “Sehbeeinträchtigten” machen Vorfreude auf das Potenzial eines solchen Wettbewerbs, denn beide Gruppen agieren dabei nicht nur Augenhöhe, sondern die Senbeeinträchtigten können sich naturgemäß schneller auf den Lernprozess einlassen und gleichen an dieser Stelle die Nachteile des fehlenden Augenlichtes mehr als aus. In Oberhof hatten wir die Zielgröße mit 80 mm Durchmesser noch sehr groß gewählt. Wir sind sehr gespannt, wie sich dieser Wettbewerb in diesem Jahr weiter entwickelt.

Im Wettberwerb um den Etappensieg und das letzte Finalticket schaffen 8 der 74 Wettkämpfenden ein Ergebnis von 4 oder 5 Treffern mit ihren 5 Schüssen nach dem anstrengenden 400 m-Skilanglauf, agieren dabei also fast wie Biathlonprofis. Diese 8 Besten teilen sich erfreulicher Weise in 4 Frauen und 4 Männer. Die 3 Besten des Tages folgen hier im Porträt. Alle Ergebnisse findet Ihr HIER

2 der 3 Shootingstars des Tages sind Damen

74 Neugierige stürzen sich am heutigen Tag in ihre Biathlonpremiere und versuchen sich am perfekten Biathlon mit fehlerlosen 5 Treffern nach den anstrengenden 400 m auf dem Skilanglauf-Cardiogerät. 3 von ihnen schaffen dieses “Biathlon-Diplom” tatsächlich, wobei die Damen auf dem Treppchen in der Überzahl sind.

Platz 3 der Tagesrangliste geht an Rebekka Litzelmann (im oberen Bild, rechts) aus Mannheim. Die Masterstudentin in Digital Leadership findet beim Biathlon jene Treffsicherheit, die auch die von ihr im Informationstechnik-Studium mitentwickelten Fußballroboter auszeichnet, mit denen sie bei internationalen Turnieren in Sydney und Montreal bereits Preise gewonnen hat. Hier bei den Special Olympics ist sie als ehrenamtliche Mitarbeiterin des Wichtel Challenge e.V., einem Verein, der benachteiligten Menschen Herzenswünsche zu erfüllen versucht. Zwischendurch findet die Hobbykletterin zum Glück noch etwas Zeit für ihre Biathlonpremiere, die nach 3:32 Minuten mit 5 Volltreffern endet. Klasse!

9 Sekunden schneller als Rebekka beendete zuvor schon Anna Apel (oberes Bild, links, mit der beigen Mütze) ihren Wettkampf und zeigte sich dabei ebenfalls als Meisterschützin. Die sportliche 22-Jährige aus Sachsen-Anhalt, deren Hobby die Leichtathletik ist, hilft bei den Special Olympics im Catering-Team. In der Mittagspause gibt’s zum Dessert die eigene Biathlonpremiere und als “Kirsche auf dem Eis” beendet sie diese nach 3:23 Minuten und 5 Treffern als beste Dame und zweitbeste des Tages. Herzlichen Glückwunsch!

Das letzte Finalticket der Saison geht nach Bayern

Yannick Lober arbeitet beim Sportamt im fränkischen Erlangen, jener Stadt, die 2025 Gastgeber der nationalen Special Olympics sein wird. Der 27-Jährige inspiziert gemeinsam mit seinen Kollegen Jörg Volleth und Uli Klement also bei den Vorgängern in Thüringen und dabei lassen es sich die sportlichen Drei nicht nehmen, selbst zu aktiven Biathleten zu werden. Hobbyfussballer Yannick, Stürmer beim SC Eltersdorf, erweist sich als kraftvoller Skilangläufer und nimmt seinen Kollegen auf der 400 m kurzen Strecke rund 100 m ab und erzielt eine der schnellsten Laufleistungen des Tages (83 Sekunden). Vor dem ersten Schuss lässt sich Yannick überdurchschnittlich viel Zeit, doch erweist sich seine Taktik für ihn als Erfolgsfaktor. Ohne jeden Wackler setzt er seine 5 Schüsse und hält das Gewehr dabei eher wie ein Jäger statt im Stile eines Biathleten, doch der Erfolg gibt ihm am Ende recht. Seine 2:40 Minuten und 5 Treffer erreicht der treffsichere Franke gleich im ersten Wettkampf des Tages und sie bleiben bis zum Tagesende um 17 Uhr das Maß der Dinge. Yannick Lober gewinnt die Teilnahme am Tourfinale, das ihn am 24./25. Februar erneut nach Oberhof führen wird, dann jedoch in die Skisporthalle, wo er auf Skiern und am Kleinkalibergewehr gegen die 30 Etappensieger der anderen Tourstädte um den Titel des Tourchampions kämpfen wird. Wir freuen uns auf das Wiedersehen mit Yannick in gut 3 Wochen!

Die Biathlon-Tour sagt Dankeschön

Die Biathlon-Tour bedankt sich bei allen Mitmachenden und Wettkämpfenden für ihre Offenheit und Motivation. Ein herzliches Dankeschön gilt auch den Zuschauern, die mit Anfeuerung und Applaus nicht gespart haben und damit in besonderer Weise zu einer Biathlon-Stimmung beigetragen haben, wie man sie ja auch aus Oberhof kennt. Ein großes Dankeschön geht an meine Teamkollegen, heute sind es Gisi, Harry, Marco und Uwe für perfekte und stete Zuverlässigkeit und ganz viel Empathie im Umgang mit allen Mitmachenden bei Wind und Wetter, in jedem Winkel des Landes und sogar mitten in der Arbeitswoche.

Der abschließende Dank geht an Special Olympics Deutschland für das Vertrauen in die Biathlon-Tour, für die ebenso freundliche wie unkomplizierte Zusammenarbeit und natürlich auch für die exklusive Unterkunft. Es war uns eine große Freude!

Bilder und Betreuung: Gisela Feulner und Uwe Frankenberg Technik und Betreuung: Siegward Pein und Marco Feulner Social Media-Betreuung: Lena Bremer und Marvin Meisel Text und Moderation: Martin Bremer

Der andere Blick auf die Biathlon-Tour mit weiteren Bildern und Videos zur Special Olympics-Etappe:

instagram @biathlontour