Hendrik Berner: Der letzte Flug des Pechvogels

Es ist 17.40 Uhr am frühen Samstagabend. Die zweitägige Etappe der Biathlon-Tour im A10-Center biegt auf ihre letzte Viertelstunde ein. Einen ausserordentlichen Pechvogel hat dieser Tag bisher hervorgebracht, denn der höchst sportliche Personaltrainer und Sports Engineering Bachelor, Hendrik Berner, leistete in den zurückliegenden Stunden Einiges, war in seinen drei Wettkämpfen dreimal der schnellste Wettkämpfer dieser Etappe, blieb dabei als Einziger jeweils unter der 2-Minuten Marke und scheiterte jeweils nur mit einem einzigen Fehlschuss an der Etappenführung. Der unglücklichste seiner drei Versuche liegt gerade 10 Minuten zurück, als der Biathlon-erfahrene Fitnesstrainer mit von uns selten so gesehener Power durch seine 400m-Strecke „pflügte“ und nach 4 Treffern mit 4 Schüssen unmittelbar vor seinem Happy End angekommen war, bevor der 5. Schuss für ihn zum Verflixten wurde. Seine Zeit von 1:49 Minuten hätte in Kombination mit 5 Treffern nicht nur den Etappensieg, sondern zudem den 1. Platz in der Tour-Rangliste nach 23 Etappen 2019 bedeutet, doch Millimeter ließen den Adler zum Pechvogel werden. Ob man dem sympathischen 26-Jährigen nach drei solchen Kraftanstrengungen zu einem 4. Wettkampf raten sollte? Auch ein toptrainierter Körper ist bei einer vierten Belastung innerhalb weniger Stunden ja nicht frischer als zuvor, so dass die Präzision bei solchen Millimeter-Entscheidungen mit höherer Wahrscheinlichkeit ab- als zunimmt. Der in Berlin lebende Athlet des USK Gifhorn entscheidet sich für einen letzten Versuch. Mit Steffen Hannich, dem Sieger der Biathlon Deutschland-Tour 2018, ist Hendrik vor wenigen Wochen zusammen Deutscher Mannschaftsmeister im Sommerbiathlon geworden und nur allzu gern möchte Hendrik beim Tour-Finale in Ruhpolding mit seinem Freund und Teamkollegen um den Sieg kämpfen. Vielleicht ist das schon Ansporn genug, denn auch sein vierter 400m-Wettkampf auf dem Thoraxtrainer ist bis zum letzten Meter von jener Dynamik geprägt, die eine Zeit um 80 Sekunden ermöglichen und hier sind wir in den Bereichen der Allerbesten aus 5 Jahren Biathlon-Tour. Doch nun benötigt Hendrik am Biathlongewehr eine Performance, die er bisher heute nicht erreicht hat. Wie ein „Uhrwerk“ nimmt er erneut Anlauf auf den Etappenthron, 1. Schuss…Treffer, 2. Schuss….Treffer, 3. Schuss….Treffer. Sein Ausnahmetalent bewies Hendrik schon 2013 mit 20 Jahren als Vize-Europameister im Sommerbiathlon. Doch auch für ein Ausnahmetalent ist der Kampf um Millimeter stets wieder eine Kür und kein Selbstgänger. 4. Schuss…Treffer. Unweigerlich denkt man 15 Minuten zurück. Da wurde sein 5. Schuss zum Spielverderber. Schwingt sich der zum Pechvogel gewordene Adler nun wieder auf und holt sich seine Würde zurück? 5. Schuss…Treffer. 1:50 Minuten. Spitzenreiter der Tour-Rangliste 2019 und Etappensieger im A10-Center.

Welch ein Schlussakkord dieser Etappe, welch ein Kampf, welch eine Moral. Hendrik Berner gewinnt das Ticket zum Tour-Finale in Ruhpolding am 8./9. Februar 2020 und wird die Reise zusammen mit seiner Freundin Marie antreten. Das Tourteam freut sich bereits auf das Wiedersehen mit den Beiden.

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