Historischer Marktplatz wird zur Biathlonkulisse

Gespannt machen wir uns an diesem Juni-Wochenende auf an den Unteren Niederrhein zur Premiere in ein Städtchen mit fast 800 Jahren bewegter Geschichte und vielerorts noch erhaltenem, mittelalterlich geprägten Stadtbild. Kalkar im Kreis Kleve, nur einen längeren Dauerlauf von der holländischen Grenze entfernt, bietet der Biathlon-Tour ihr Prunkstück, den historischen Marktplatz mit Altem Rathaus, wuchtiger Gerichts-Linde und aufwändig restaurierter Pflasterung als Schauplatz der 8. Etappe dieses Jahres. Für die Biathlon-Tour ist es eine Rückkehr in diese wunderbare Region, die uns etwa bei den Etappen 2019 in Goch oder 2016 in Xanten und Kleve bereits willkommen hieß.

Nach Kalkar kommen wir auf Empfehlung des Kreissportbundes Kleve, dessen Geschäftsführerin, Nathalie Tebarth, die Biathlon-Tour kennenlernte und die Idee des Volksbiathlons als lebendige Erweiterung des etablierten Sportprogramms und Mitmachgelegenheit für neugierige Biathlonfans und Sportfreunde für die Region erlebbar machen möchte. Dafür arbeiten wir gleich mit zwei Städten des Kreises zusammen. Heute in Kalkar mit der Stabsstelle für Kultur & Tourismus, die von Harald Münzner geleitet wird und für den Citybiathlon zum Klever Stadtfest am 28. September mit dem Stadtmarketing Kleve. Natürlich ist uns bewusst, dass wir hier am Niederrhein, im Gegensatz zu unseren Etappen etwa im Harz, Thüringer Wald, Schwarzwald oder Sauerland, keine Region mit Biathlontradition vorfinden, doch wir setzen, wie etwa in Gevelsberg, Merzig und Beckum, auf Begeisterungsfähigkeit beim Mitmachen und mutige, offene Sportfreunde.

Wintersport erfrischt den “Sommer in der Stadt”

Hier in Kalkar ist der 1. Citybiathlon in den Veranstaltungsmonat “Sommer in der Stadt” integriert, der zum 8. Mal stattfindet und einen Teil des Marktplatzes zum gemütlichen Urlaubsstrand mit Sommerbar und Liegestühlen verwandelt hat. Um ein attraktives Eventprogramm auf die Beine zu stellen arbeiten die Stadt Kalkar und der Werbering Kalkar aktiv zusammen. Schade ist, dass die Sommerbar auf dem Urlaubsstrand an diesem Sonntag überhaupt nicht geöffnet hat und die Biathlon-Tour damit doch “Einzelkämpfer” an diesem Tag ohne offene Geschäfte ist. Gerne würden wir unsere Möglichkeiten viel mehr ausspielen und ein Biathlonspektakel auf diesen tollen Marktplatz bringen. Eine Teamchallenge für vierköpfige Teams und damit die perfekte Vorlage für einen stimmungsvollen Biathlontag, war ausgeschrieben, doch der Niederrhein zeigte uns die “kalte Schulter”. Nur 2 Teams meldeten sich an. So laden wir an diesem Sonntag von 11-18 Uhr zum spontanen Mitmachevent ein, offen für alle Neugierigen mit Schnupperschießen und Wettbewerb um den Tagessieg mit dem Hauptpreis der Reise zum Finale der Biathlon-Tour nach Oberhof im März 2026. Diese Eventform funktioniert überall dort, wo etwas Laufpublikum vorhanden ist, das wir neugierig machen können. Das ist aber leider nur in Spuren vorhanden. Doch dieser Tag bringt dennoch großartige Lichtblicke hervor, denn diejenigen, die mitmachen bringen genau jene Begeisterungsfähigkeit mit, die ein tolles Biathlonfest ermöglicht. Und damit sind sie die Protagonisten eines zwar kleinen, aber doch lebendigen Biathlonfest mit viel guter Laune der rund 40 engagierten Wettkämpfenden und ca. 200 Schnupperschützen.

Neulinge, Könner und vom Neuling zum Könner

Auf geht’s also in den Wettbewerb aus 400 m Sklilanglauf, die bei sonnigen 25 ° C nicht in der Loipe, sondern auf Cardiogeräten in der klassischen Doppelstocktechnik zurückgelegt werden. Die Strecke hört sich kürzer an, als sie sich dann tatsächlich anfühlt, denn die ca. 2 Minuten Belastungszeit erfordern viel Kraft aus dem Oberkörper, bringen einige Mitmachenden sichtbar an ihre Grenzen und definitiv alle so sehr ausser Atem, dass die 5 Schüsse Stehendschießen aus 10 m Entfernung auf die Ziele mit 45 mm Durchmesser zu einer kaum lösbaren Aufgabe werden. Nathalie Tebarth (rechts im Bild), die eine ausgezeichnete Tischtennisspielerin ist, kann bei ihrer Biathlonpremiere 2 ihrer 5 Schüsse ins Ziel bringen und erreicht damit genau die Mitte in der Einzelrangliste, die nach dem Modus “Treffer vor Zeit” erstellt ist. Bei Treffergleichheit gibt die schnellere Zeit den Ausschlag. Wie es perfekt funktioniert zeigt Jana Harmeling (links im Bild) die ihren Wettkampf mit 5 Treffern bereits nach 2:05 Minuten beendet und damit die zweitbeste Leistung des Tages erreicht. Jana ist als vielfache Etappensiegerin und mitunter auch Betreuerin im Tourteam ausser Konkurrenz am Start. Das gilt auch für den Besten des Tages, Marco Feulner, der 1:57 Minuten und 5 Treffer schafft. Beide unterstützen die Biathlon-Neulinge, geben Tipps, sind Sparringspartner und können mit ihren Leistungen den einen oder anderen Neuling motivieren und selbst zur Höchstleistung anspornen.

Die sportlichen Hessen

Die sportliche Familie Klauke aus dem hessischen Bad Soden setzt ein erstes Ausrufezeichen im Wettbewerb der Biathlon-Neulinge. Zunächst durch den Mut von Mattis und Fritz, sich einfach mal auf die Challenge in der neuen Sportart einzulassen. Die sportlichen Brüder, Mattis als Tischtennisspieler und Fritz als Tenniscrack können ihre Qualitäten auf dem Skilanglauf-Cardiogerät mit kraftvollen Schüben und guter Ausdauer von Beginn an zeigen, doch am Biathlongewehr verläuft die Premiere mit jeweils einem Treffer und vier Fehlschüssen durchwachsen. So weit, so normal. Lebendigkeit bringen die Klaukes dadurch ein, dass sie eben nicht “tschö” sagen und zum nächsten Interesse eilen, sondern weiter am Biathlongewehr üben und die Begeisterungsfähigkeit mitbringen, sich für einen zweiten Anlauf anspornen zu lassen. Bei diesem ist auch Papa Jörg dabei und muss erkennen, dass ihm die beiden Söhne im sportlichen Vergleich vielleicht ein paar Millimeter über den Kopf gewachsen sind. In diesem zweiten Wettkampf ist es vor allem der Jüngere, Fritz (im Bild ganz rechts), der sowohl deutlich mehr Tempo im Slilanglauf entwickelt und dann vor allem beinahe im Stile eines Biathleten ganz fixe Lernfähigkeit beweist und 4 seiner 5 Schüsse ins Ziel bringt. Damit wird das Tennistalent nicht nur Biathlon-Familienchampion der Klaukes, sondern setzt sich auch auf Platz 1 der Tageswertung und kommt dem Hauptpreis, der Reise zum Tourfinale nach Oberhof im März 2026, schon recht nahe.

Baut der Ingenieur seinen Etappensieg?

Ein echter Biathlonfan, der zusammen mit seinem Vater schon so manches Großereignis unserer Sportart am TV mitverfolgt hat, ist Marvin Röllecke (im Bild links). Der Ingenieur und Projektleiter für Grüne Transformation bei thyssenkrupp Steel in Duisburg hat am TV offenbar sehr gut hingeschaut, denn gleich bei seiner Premiere ist er nicht nur sehr schnell mit 2:27 Minuten, sondern auch ein fast perfekter Schütze. Der Wermutstropfen: Ein Fehlschuss und eine einzige Sekunde Rückstand auf Fritz Klauke bringen den Kalkarer Lokalmatadoren zunächst nur auf den 2. Platz der Tagesrangliste. Doch auch er hat nun Feuer gefangen und überlegt an einem 2. Start im Laufe des Nachmittags.

Auf dem Weg zum Meisterschützen bereits bei seinem ersten Start ist Stefan Jaspers (ganz rechts auf dem Skilanglaufgerät). Der erfahrene Schütze von St. Lambertus Appeldorn hat die Etappenführung bereits vor Augen bevor der letzte dann zum verflixten Schuss wird. 3:47 Minuten und 4 Treffer bringen aber immerhin den Sieg in diesem starken Dreikampf mit Gezim und Sergio Dervisi. Vater und Sohn erzielen beide 3 Treffer, aber Papa, Gezim, ist in 2:49 Minuten vor Sergio in 3:28 Minuten. Und Stefan? Der würde schon gerne noch einen Startversuch wagen, doch für heute hat er sein “sportliches Pulver” verschossen.

Marcello Vergaro im Stile von Lisa Vittozzi

Doch dieser Tag hat noch eine schöne Geschichte zu bieten. Mitten am Nachmittag lädt Rismiya Vergaro, die Bedienung des am Marktplatz liegenden italienischen Restaurants Gianni’s, das Team der Biathlon-Tour auf eine Runde Getränke ein. WOW, herzlichen Dank! Das haben wir so bisher auch noch nie erlebt. Kurze Zeit später steht die sportliche Miya selbst an der Startlinie zu ihrem ersten Biathlon und im obersten Foto dieses Berichts ist sie bei ihren 5 Schüssen abgelichtet, von denen einer den Weg ins Ziel findet. Für den Gewinn der Reise nach Oberhof reicht es nicht, aber Miya weiss sich zu helfen und holt wahre “Sportpower auf den Kalkarer Marktplatz. Wenig später stehen ihr Mann, Marcello sowie Dirk und Andreas bereit, um den Titel des Kalkarer Biathlonchampions aus Hessen zurück an den Niederrhein zu holen. Beim Skilanglauf-Tempo patzen die 3 im Vergleich zum schnellen Fritz aus Hessen, aber ein fehlerloses Meisterschießen würde ja reichen für den Tagessieg. Und dabei erweist sich der frühere Fußballer des SV Orsoy, Marcello, als ziemlich treffsicher und legt zunächst 2 Treffer vor. Bisher hatte Miyas Mann das Ganze mit viel Humor begleitet, doch nun ist dem selbständigen Autohändler volle Konzentration anzusehen. 3. Schuss, 3. Treffer. Kommt es wirklich in dieser letzten Eventstunde noch zum Führungswechsel. Den Gianni’s Fanclub hat Marcello natürlich auf seiner Seite und der jubelt dann auch beim 4. Treffer. Wir kennen sie ja, die großartigen italienischen Biathletinnen, Lisa Vittozzi oder Dorothea Wierer, die mit ihrer imponierenden Treffsicherheit viele internationale Erfolge feiern konnten. Erleben wir in Kalkar nun einen italienischen Biathlonchampion? Marcello schießt, Gianni’s Fanclub jubelt! Treffer. Da ist er, der erste Meisterschütze des Tages. Marcello Vergaro heisst der Etappensieger von Kalkar. Er gewinnt die Reise zum Tourfinale nach Oberhof durch 5 Treffer und 3:39 Minuten. Schnell ist er nicht, aber er macht es wie ein perfektes Reitpferd, das nur so hoch springt wie es muss. Wir freuen uns schon auf das Wiedersehen mit unserem ersten italienischen Etappensieger in 10 Jahren Biathlon-Tour und hoffen, dass der komplette Gianni’s Fanclub Marcello in Oberhof unterstützen wird. Hier gibt’s einen kleinen Vorgeschmack zum Tourfinale

Die Biathlon-Tour sagt Dankeschön

Unser Dank gilt allen motivierten Mitmachenden, die diesem Tag Lebendigkeit eingehaucht haben. Herzlichen Dank an Gianni’s Ristorante, nicht nur für die tolle Aufmerksamkeit unsere trockenen Kehlen zu erahnen, sondern gerade auch für die Unterstützung unseres Events durch Emotionen, Freude und Lebendigkeit.

Ein besonderer Dank geht an Nathalie Tebarth, die Geschäftsführerin des Kreissportbundes Kleve. Es ist ja gar nicht mehr so selbstverständlich, dass Initiative ergriffen und etwas Neues ausprobiert wird. Nathalie hat der Biathlon-Tour die Tür nach Kalkar geöffnet und wir hätten liebend gerne noch viel mehr Energie auf diesem wunderschönen Marktplatz gelassen. Der abschließende Dank gilt der Stadt Kalkar mit seiner Stabstelle für Kultur & Tourismus mit Harald Münzner an der Spitze. Wir haben es gemeinsam trotz guter Vorbereitung noch nicht geschafft, das volle Potential einer Biathlon-Touretappe in Kalkar zu entfalten, aber vielleicht ergibt sich irgendwann eine Chance auf diesen ersten Erfahrungen aufzubauen und im zweiten Anlauf doch noch das Biathlonspektakel zu realisieren, das diese Location verdient hätte.

Biathlon-Tour-Team: Bilder/Videos: Gisi Feulner; Wettkampfbetreuung und Technik: Marco Feulner, Siegward Pein; Social Media-Betreuung: Lena Bremer und Marvin Meisel, Text und Moderation: Martin Bremer

Der andere Blick auf die Biathlon-Tour: instagram @biathlontour