Was würden die “Väter” des Harzer Wintersports zu diesem Biathlon-Tag sagen?

Zum 7. Mal seit 2019 dürfen wir hier sein, direkt unterhalb des Harzer Brocken, zur Biathlon-Challenge in der Schierker Feuerstein-Arena. Und es könnte gefragt werden, ob sich da nicht etwas abnutzt, ob die Geschichte nicht zu Ende erzählt ist? Doch wenn diese Frage im Raum stünde, dann würden wir so rasch hundert gute Gründe dafür finden, warum diese Etappe in ihrer Einzigartigkeit ein Juwel im Kalender der Biathlon-Tour ist und sie die Geschichte unseres Volkssport-Biathlons so sehr mitprägt und reicher macht. Es ist sogar so, dass es mehr Gründe für den Eindruck gibt, die Geschichte dieser Etappe sei erst am Anfang. Denn wer heute etwa das Team der 10-12-Jährigen Chicken Bananas miterlebt, mit welcher Leichtigkeit das jüngste Quartett des Tages aus Hasselfelde und Elbingerode läuft und mit wie viel Klarheit, Konzentration und Präszision sie schießen, dem drängt sich wahrlich die Erinnerung an die Harzer Skimäuse auf, die bei der ersten Schierker Biathlon-Challenge 2019 im nahezu gleichen Alter ins Finale stürmten. Eine dieser Skimäuse, die später als Skihexe keine einzige unserer Teamchallenges hier verpasste, kehrt heute als Deutsche Biathlonmeisterin 2025 im Massenstart der J16 hierher zurück und bleibt dem Event auch als eine der besten deutschen Biathletinnen ihres Jahrgangs weiter treu: Liv Hildebrand. Die frühere Skimaus ist erwachsen geworden und wir durften ihren erfolgreichen Weg bis zum Titel der Deutschen Meisterin Jahr für Jahr mitverfolgen und sehen zugleich neue Skimäuse, die als Chicken ihren eigenen Weg gehen, auf dem wir uns nicht wundern würden, wenn er eines Tages ähnlich erfolgreich verläuft, wie jener von Liv. Hier schliesst sich ein Kreis und ein neuer öffnet sich, aber beide Geschichten scheinen erst am Anfang zu stehen und wir können es kaum erwarten mitzuerleben, wie sie weitergehen. Dieses Beispiel berührt zwei von so vielen Geschichten, die diese Etappe schreibt und von denen wir einige in diesem Nachbericht erzählen möchten, nicht zuletzt auch jene über die Location selbst, die Schierker Feuerstein Arena.

Eine Arena als Lichtung unterm Himmelszelt

Die Schierker Feuerstein Arena ist, alleine für sich, eine Reise wert, zumindest für Architektur-, Natur- und Sportliebhaber. Ihre offensichtliche Magie erhält sie durch das geflügelte, futuristische Dach, das die Natur herein bittet und den Blick zum Himmel öffnet. Gänsehaut bekommen Sportliebhaber, wenn sie erfahren, an welchem sporthistorischen Platz diese Arena ihre Heimat hat? Sie ersetzt jene Natureisfläche, die vor weit über 100 Jahren zu den Pionieren des Wintersports in Deutschland gehörte, auf der bereits Deutsche Meisterschaften im Eishockey stattfanden und auf der nach dem 2. Weltkrieg die erste DDR-Meisterschaft im Eiskunstlauf ausgetragen wurde. Eine besondere Magie entfaltet die Naturstein-Tribüne, die tausenden Schaulustigen Platz böte und aus jenem Gestein gebaut wurde, über das 10 m weiter das Wasser der Kalten Bode fliesst. Mit dem Blick auf diese Ränge sinniert der Sportfan sogleich darüber, welche bekannten Spitzensportevents hier die perfekte Kulisse für ein großartiges Spektakel bekämen? Aber diese einzigartige Sportarena liegt eben im 600-Seelen-Ort Schierke und nicht inmitten der Metropolen. Um diese Arena zu füllen bräuchte es mutige Manager mit mutigen Konzepten. Und hier ist er wieder, der Eindruck, dass die Geschichte erst am Anfang steht, in diesem Fall die Geschichte der Schierker Feuerstein Arena. Die Biathlon-Tour wird diese großartige Location niemals füllen können, doch was sie schon kann, ist, Jahr für Jahr mit einem höchst lebendigen, sympathischen Spektakel darauf aufmerksam zu machen, dass hier ein Juwel eigentlich nur darauf wartet, von mutigen Veranstaltungsmanagern für Höheres entdeckt zu werden. Und hier dürfen wir die Wortwahl aus dem ersten Absatz fast eins zu eins wieder aufgreifen: Die Geschichte scheint erst am Anfang zu stehen und wir können es kaum erwarten, dass sie weitergeht. Eine dazu passende, schöne Geschichte liefert dieser Tag aber auch, denn mit dem früheren Wernigeröder Oberbürgermeister, Peter Gaffert, startet heute im Prominenten-Prolog sozusagen der Vater der Schierker Feuerstein Arena. Peter Gaffert war es, der während seiner Amtszeit zum größten Fürsprecher dieses Großprojektes und nie müde wurde mit Argumenten für den nicht billigen Bau die Kritiker zu entkräften. Er hatte Erfolg und es entstand 2017 etwas Bleibendes, das sich nun danach sehnt noch viel mehr entdeckt zu werden.
Leidenschaftliche Sportler/innen und der Teamgeist als Star in 17 Facetten

Aus sportlicher Sicht gehört die Schierker Biathlon-Teamchallenge seit ihrer Premiere 2019 zu jenen Touretappen mit den stärksten Leistungen. Heute erleben wir erneut ein Finale, das mit seinen Leistungen, mit der Leidenschaft der Protagonisten, und einer XL-Portion an Spannung einfach jeden begeistern muss, die oder der in der Arena dem Spektakel beiwohnt. Doch dazu weiter unten mehr. Eine sportliche Demonstration von großer Seltenheit bei der Biathlon-Tour erleben wir aber bereits im 3. Vorlauf, als die Startläufer/innen der 5 Teams nach 400 m Laufstrecke in ihre 5 Schüsse Liegendschießen starten und wenige Sekunden später alle 25 Trefferlichter grün blinken und signalisieren, dass die 45 mm-Ziele aus 10 m Entfernung getroffen wurden. Unter diesen 5 Meisterschützen ist mit Michael Kolbe vom Milest e.V. auch ein Sportler, der nie zuvor Biathlon geübt hat und auch Florian Glatthor, der bereits im Vorjahr mit seinem Team, Hangover 96, hier bei der Teamchallenge dabei war, trainiert das Jahr über kein einziges Mal am Biathlongewehr.
Doch zu den sportlichen Details des Tages kommen wir weiter unten, denn an dieser Stelle möchten wir verdeutlichen, wie viel mehr dieser Biathlon-Tag in der Schierker Feuerstein-Arena ist, als ein reines Sportevent, als Siegen und Verlieren. Das Feld der 17 Teams und über 60 Wettkämpfenden bringt eine riesige Bandbreite an sportlicher Leistungsfähigkeit mit, führt die 10-jährige Amelie und den Rentner, Volker und alle dazwischen zueinander und man könnte meinen das kann nicht gut gehen sie alle in EINEN gemeinsamen Wettbewerb zu integrieren. Das eigentliche Erlebnis bei den Schierker Biathlon-Teamchallenges ist, DASS es funktioniert. Und damit sind wir beim Star dieses Tages, dem Teamgeist, der hier nicht nur in 17 leidenschaftlichen Facetten hunderte seelenvolle Momente erschafft, sondern auch diese 17 Teams mit jedem Moment, mit jedem Applaus, mit jeder Anfeuerung näher zusammenführt bis man als Einzelner plötzlich spürt, dass man mittendrin ist in einem großen Team, etwa wenn Jan Spott als Schlussläufer der OWOC-Herren als letzter aktiver Wettkämpfer des 4. Vorlaufes bei seinen Strafrunden auf dem Skilanglauf-Cardiogerät von einer Menschentraube aus Sportlern und Schaulustigen umringt und mit rhythmischen hey, hey, hey-Rufen beinahe getragen wird. So füllt die Biathlon-Tour die Schierker Feuerstein Arena zwar nicht mit Zuschauern, aber erfüllt sie doch mit Teamgeist und aus diesem wiederum gedeiht alles Gute.
Der Kampfgeist als Bruder des Teamgeistes

Kampfgeist verhält sich zu Teamgeist wie das Einlösen eines Versprechens. Dieser Tag ist proppevoll mit solchen Momenten des über sich selbst Hinauswachsens. Die oberen Bildern liefern die ausdrucksstarke Symbolik, stehen aber tatsächlich stellvertretend für eine Energie, die hier jedes Team in die Waagschale wirft. Etwa das Team Hangover 96, das sich im Vergleich zum Vorjahr um3:42 Minuten steigert, also um mindestens zwei Sportwelten. Ähnlich eindrucksvoll sieht die Steigerung auch bei den Running Gags aus Holzminden aus. 3 der 5 bereits in ihren Vorläufen an der Leistungsgrenze laufenden Finalteams verbessern in diesem für sie zweiten Wettkampf des Tages ihre Vorlaufleistungen um mehr als eine Minute. Die 2 Verrückten und die Harzer Supersprinter 2.0 treten nur zu Zweit an und leisten Doppelschichten, um mit den Viererteams kämpfen zu können. Die 3 Teams des Vereins OWOC haben das über sich hinauswachsen gar schon in ihrer Vereinssatzung festgeschrieben: Sie laufen (und spenden) für diejenigen, die nicht mehr laufen können. Heute laufen sie für die an Krebs erkrankte Susi aus Leipzig und erhalten am Ende eine gut gefüllte Spardose zu der Viele ihren Beitrag leisten. Ohne die Fähigkeit des über sich hinauswachsens wären die Wettkämpfenden der 2 Milest e.V.-Teams heute gar nicht hier zum Biathlon in der Schierker Feuerstein Arena. Die von der Alkoholsucht Abstinenten unterstützen sich (nicht nur) hier beim Biathlon gegenseitig und wissen die Kraft des Sportes, Freude, Stabilität, Selbstvertrauen besonders intensiv zu nutzen.