Biathlonpremiere in Attendorn macht Lust auf mehr

Es ist ein schönes Privileg, mit der Biathlon-Tour bisweilen dort Station zu machen, wo andere ihren Urlaub verbringen. Dieses 3. Adventwochenende führt uns von der Samstag-Etappe in der Vulkaneifel-Stadt Mayen weiter ins südliche Sauerland, wo nahe des Biggesees die Hansestadt Attendorn unser Ziel ist. Die bekannte Attendorner Tropfsteinhöhle (Atta-Höhle), die jährlich von rund 200.000 Schaulustigen besucht wird, können wir uns freilich an diesem verkaufsoffenen Sonntag nicht ansehen, denn die fünftletzte Tagesetappe der Biathlon-Tour 2019 führt uns auf den Vorplatz des Allee-Centers, einem kombinierten Einkaufs- und Wohnkomplex am Rande der Attendorner Altstadt. Die Etappe war zum Start der Biathlon-Tour 2019 gar nicht eingeplant, die Attendorner Werbegemeinschaft bekam erst spät die Genehmigung zum verkaufsoffenen Sonntag und kam erst Mitte des Jahres auf uns zu. Wir trauten uns diesen zusätzlichen Etappen-Termin zu und erleben auf diese Weise an zwei Tagen mit der Eifel und dem Sauerland gleich zwei Mittelgebirge. Der kleine Wermutstropfen ist heute, dass die relativ kurze Organisationsphase für diese Etappe nur zu einem Rumpffeld von 2 angemeldeten Teams zur Biathlonstaffel-Stadtmeisterschaft führte und die Möglichkeiten einer Biathlon-Tour-Etappe nicht ansatzweise ausgeschöpft werden. Dass selbst dieses einzelne Teamduell Schaulustige anzieht und im Laufe des Tages 40 Wettkämpfer und ca. 300 Schnupperschützen das Angebot zum kostenlosen Mitmachen nutzen, ist unter diesen Umständen durchaus als Erfolg zu werten und lässt hoffen, dass in Attendorn einmal eine ähnliche Vorzeige-Etappe der Tour entsteht, wie jene am Vortag in Mayen.

Den magischen Moment des Biathlons erleben

Der Vorteil von etwas weniger Andrang liegt darín, den Neugierigen intensiver die Gelegenheit bieten zu können, den zumeist nur aus dem Fernsehen bekannten Wintersport einmal ausgiebig auszuprobieren. Schnee ist dafür nicht nötig, denn die mitgebrachten “Thoraxtrainer-Loipen” simulieren die klassische Doppelstocktechnik des Skilanglaufs sehr präzise und bringen Sportliche und weniger Sportliche rasch ausser Atem, so dass jeder Neugierige im Rahmen des nur 2-4 minütigen Wettkampfes den magischen Moment des Biathlons erlebt, wenn das Gewehr unmittelbar nach der Belastung unmöglich ruhig zu halten ist, mit dem Atem hin und her wippt und einem die Komplexität dieser Sportart in diesen Sekunden sozusagen entgegenschleudert, den Neugierigen mitten in die Welt des Biathlons zieht. 400 m auf dem Thoraxtrainer absolvieren die Wettkämpfer der Biathöon-Tour bevor sie mit 5 Schüssen Stehendschießen aus 10 m Entfernung auf die Ziele mit 45 mm Durchmesser ihre Treffsicherheit unter Beweis stellen können.

Tour-Finale in Ruhpolding für den Tagesbesten

Geschossen wird mit authentischen Biathlongewehren, die jedoch mit einer Infrarottechnik ausgestattet und gänzlich ungefährlich sind. Für den besten Attendorner Biathleten dieses Tages wird die Tour noch weiter gehen, denn es wartet die Reise zum Finale der Biathlon-Tour nach Ruhpolding, wo Attendorns Champion gegen die Etappensieger der anderen Tourstädte in der bekannten Chiemgau-Arena azf Skiern und am Kleinkalibergewehr am 8. Februar 2020 um den Toursieg kämpft. Diesen Preis gewinnt der Tagesbeste für 2 Personen inklusive einer Übernachtung, einem Biathlontraining mit Olympiasieger Fritz Fischer und der Hüttenparty am Abend in der Zirmbergalm. Was der oben im Foto abgebildete Attendorner Bürgermeister, Christian Pospischil mit dem Tourfinale zu tun hat, verrät dieser Nachbericht ebenso, wie die Geschichten zu den besten Wettkämpfen des Tages.

Schnupperschützen: Einfach mal mitmachen

Bei einem verkaufsoffenen Sonntag gilt es natürlich auch diejenigen abzuholen, die nur mal das Biathlongewehr und die eigene Treffsicherheit testen möchten, ohne gleich in die sportliche Bewegung oder in den Wettkampf gehen zu wollen. Das Interesse geht dabei durch alle Generation von jung bis alt. Da jeder Schuss exakt auf dem display vermessen und mit seiner Ringzahl von 1-10 angegeben wird, erhält auch jeder Schnupperschütze ein konkretes Ergebnis seiner Bemühung. Manche schießen nur eine 5er-Serie während bei anderen der Ehrgeiz geweckt wird und nach und nach doch die Idee reift, sich einmal im kompletten Biathlon-Wettkampf zu testen.

So ist es bei Salvatore (im Bild auf dem mittleren Thoraxtrainer) und seinem Kumpel Marco. Sie möchten nach etwas Übung am Biathlongewehr in den Wettkampf starten und Ralf Unterste nutzt die Gelegenheit und meldet sich für die noch freie Loipe an. Kurze Einweisung, Namen aufnehmen und los gehts. Für die 400 m-Strecke in der Doppelstocktechnik benötigt man, neben etwas Ausdauer und allgemeiner Fitness, vor allem Kraft in den Armen und dem Oberkörper. Die hat Salvatore und bringt sie auch motiviert ein. Schon nach 95 Sekunden kann er die Loipe verlassen und zum Biathlongewehr wechseln. Damit gehört er zu den schnellsten “Skilangläufern” des Tages. Während Salvatore nun so rasch wie möglich versucht seinen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen legen Ralf und Marco die letzten 50 bzw. 100 m zurück. Gewinnen können sie den Dreikampf auch als langsamere Läufer, denn beim Einzelwettbewerb zählt die Trefferzahl vor der Zeit. Nur bei Treffergleichheit gewinnt der Schnellere. Doch in diesem Dreikampf ist der Schnellste zugleich auch der beste Schütze. Salvatore, der Sizilianer, der die Sportart Biathlon gar nicht kennt, legt eine Klasse Biathlonpremiere hin und bringt gleich 4 seiner 5 Schüsse in den nur 45 mm kleinen Zielflächen unter. Für die 400m und seine 5 Schüsse benötigt er lediglich 2:09 Minuten und ist damit am Tagesende der zweitschnellste mit 4 Treffern und insgesamt 5. der Einzelwertung, weil 3 Wettkämpfer das perfekte Schießen mit 5 Treffern schaffen und damit noch vor Salvatore platziert sind.

Nachdem Salvatore es so gut gemacht hat traut sich nun auch seine Familie. Macht ja Spaß und ist gar nicht peinlich, also los. Schwester Clarissa und Vater Antonino möchten die Familien-Rangliste noch umschreiben und in der 3. Loipe macht es Nadia ihrem Sohn Marco nach. In der Tat sind die Bonannos Schützentalente. Vater Antonino kommt dem schnellen Salvatore noch am ehesten nahe mit seinen 2:45 Minuten und 3 Treffern. Schwester Clarissa verlässt sich mit ihren 4:11 Minuten ganz auf ihre Treffsicherheit und hätte Salvatore beinahe mit einem perfekten Schießen auf Platz 2 des Familienrankings verwiesen. Am Ende unterläuft ihr ein Schießfehler bei 4 Treffern und der 10. Platz der Tagesrangliste, womit Clarissa beste Wettkämpferin des Tages wird. Unsere Shootingstar-Medaille haben sie sich wahrlich verdient.

Mit Beharrlichkeit zum Meisterschützen

Christian Waldau (im Bild in der hellen Jacke) ist am frühen Mittag der erste Wettkämpfer und am Abend auch einer der Letzten, die sich nochmal in den Wettkampf stürzen. Dreimal versucht sich der Plettenberger und verbessert sich stetig. Nach 2 Treffern im ersten und 4 Treffern im zweiten Wettkampf geht er bei Anbruch der Dämmerung noch einmal mit dem spürbaren Ehrgeiz ins Rennen, das perfekte Schießen zu schaffen. Und tatsächlich schafft der frühere Kinderkönig des Schützenvereins Landemert sein Vorhaben mit hoher Konzentration und holt mit 3:54 Minuten und 5 Treffern das drittbeste Resultat des Tages. Dass man kein Sport-Ass sein muss, um bei der Biathlon-Tour ein gutes Ergebnis zu erreichen zeigt Marcel Reich (im Bild in der grünen Jacke). Der Attendorner zeigt Kampfgeist in der Loipe und ist selbst überrascht von seiner Treffsicherheit. Mit 2:23 Minuten und 4 Treffern holt Marcel den 6. Platz in der Etappenrangliste. Hoffentlich schließt er sich den Attendorner Schützen an und verfeinert dort sein Talent weiter.

Skiclub Attendorn: Wettkampfgeist auch ohne Schnee

Wie schön, dass auch die Abteilungsleiterin der Skiabteilung des TV Attendorn, Monika Lütteke, Neugier und Wettkampfgeist mit zur Biathlonarena gebracht hat. Zusammen mit ihren Abteilungskollegen Manfred Roll und Rolf Hennen lässt sie sich die Wettkampfteilnahme nicht nehmen. Natürlich blutet den Wintersportfans ein wenig das Herz, denn sie warten schon sehnsüchtig auf Schnee und eine weisse Weihnacht. Manfred Roll ist dann zumeist derjenige, der mit dem vereinseigenen Motorschlitten die Loipe spurt und eine Anbindung von Attendorn zur Ebbekammloipe zu ermöglichen versucht. Doch die 3 engagierten Skifreunde machen es auch ohne Schnee bestens. Besonders gut ist dabei der Buchdrucker im Ruhestand, Rolf Hennen, dem gleich 4 Treffer gelingen mit denen er sich als 12. unter den Besten der Etappe platziert. Im Staffelwettkampf wird auch Uli Selter an den Start gehen. Der engagierte Trainer der Attendorner Langläufer und Vater von Ausnahme-Langläufer Benjamin Selter, hätte auch gerne sein Wettkampfteam zur Staffelmeisterschaft angemeldet, doch die sind unterwegs im Trainingslager in den italienischen Alpen. Wäre toll, wenn es beim nächsten Mal passt.

Talentsuche braucht Flexibilität

Die Jüngsten im Wettkampf sind heute Lisa Klein, Marie Kremer und Marie Droste. Mit 12 Jahren fällt die Langlaufstrecke natürlich noch schwer. Wir entlassen die drei nach 200 Metern ans Biathlongewehr. Doch das gut 4 kg schwere Gewehr wird nach den ersten Schüssen ganz schön schwer. Kein Problem, ab dem 3. Schuss wechseln die jungen Damen zum Schießen mit Auflage und holen sich ihre Erfolgserlebnisse. Marie Droste (in der blauen Jacke im Bildvordergrund) schafft sogar im Stehendschießen einen Treffer und bringt zudem beide aufgelegte Schüsse ins Ziel. Wieder ist ein Biathlontalent entdeckt.

Die Biathlon-Team-Challenge

Zud Biathlon-Team-Challenge sind leider nur 2 vierköpfige Teams angemeldet, so dass die Vorläufe und ein Halbfinale ausfällt und gleich das Finale wartet. Es wird ein packendes Duell, denn wir haben zwei großartige Teams am Start. In der Bahn 2 kämpfen einige der Top-Schwimmer des Attendorner Schwimmvereins SCSW 1965 e.V. und Bahn 1 ist für das Rathaus-Team reserviert, für das der stellvertrende Bürgermeister, Uli Selter, seinen Bürgermeister-Kollegen, Christian Pospischil ebenso gewinnen konnte, wie den Amtsleiter für Stadtmarketing, Sport und Kultur, Frank Burghaus. Toll, dass mit dem Vorsitzenden der Attendorner Werbegemeinschaft, Christian Springob, auch der Gastgeber des Tages mit dabei ist.

Schon das Startduell zwischen Dominik Cermann für den SCSW und Uli Selter hat es in sich. Nicht einmal 90 Sekunden braucht der starke Rückenschwimmer, der es in seiner Paradedisziplin bis hinauf zur Teilnahme an Deutschen Meisterschaften geschafft hat, für die 400 m Skilanglauf. Doch Uli Selter hält phantastisch dagegen und kommt nur wenige Sekunden nach Dominik ans Biathlongewehr. Dort dreht der stellvertretende Bürgermeister mit einem schnellen Schießrhythmus dieses Duell um, schafft 3:2 Treffer und schickt seinen Teamkollegen Christian Springob mit 10 Sekunden Vorsprung in die 2. Runde. Dominik Cermann übergibt auf Louis Droege. Im Staffelwettkampf werden Fehlschüsse mit 15 Strafsekunden abgegolten.

Louis Droege, der Jugendwart im SCSW kämpft sich mit kraftvollen Schüben beharrlich wieder heran und kann sogar noch knapp am Vorsitzenden der Attendorner Werbegemeinschaft vorbeiziehen. Doch am Biathlongewehr wechselt die Führung schon wieder, denn der Inhaber der Nicolai-Apotheke gewinnt das Schießduell mit 2:1 Treffern und gibt dem Stadtmarketingleiter Frank Burghaus wieder einen kleinen Vorsprung mit auf den Weg.

Eindrücklich und begeisternd beisst sich Yago Böhme in seine Aufholarbeit und holt die Führung erneut für seinen SCSW zurück, obwohl Frank Burghaus ganz schön flott in der Loipe ist. Es bleibt ein Kopf-an-Kopf-Duell. Und mit Treffsicherheit und Nervenstärke dreht Frank Burghaus mit starken 4 Treffern (Platz 7 in der Einzelwertung) den Wettkampf ein drittes Mal auf die Seite des Rathausteams. Yago erzielt 2 Treffer und so muss SCSW-Trainerin Michelle Besels mit 20 Sekunden Rückstand auf Bürgermeister Christian Pospischil in die entscheidende Schlussrunde starten.

Michelle kann jedoch die Regel für sich nutzen, dass die Damen im Biathlonstaffel-Wettkampf nur 300 m Skilanglaufen müssen. Die gut trainierte Schwimmerin bringt den SCSW also auch in dieser Schlussrunde wieder in Führung, doch der skilanglauferfahrene Bürgermeister legt nur Sekunden später sogar einen Sprint vom Thoraxtrainer zum Biathlongewehr hin und kann mit der Gewissheit in die letzten 5 Schüsse gehen, dass die Rathausmannschaft bisher alle drei Schießduelle für sich entschieden hat. Das durchgehend spannende Teamduell steht vor der Entscheidung. Michelle verschießt den ersten, während der Bürgermeister nach nur ganz kurzer Verschnaufpause trifft. Fehler bei Michelle mit dem 2. Schuss, der Bürgermeister trifft erneut. Der nächste Schuss kann bereits die Entscheidung bringen und so ist es auch: Michelle schießt knapp daneben und Christian Pospischil bleibt auch mit dem 3. Schuss fehlerfrei. Es lohnt sich nun auch ein Blick auf die Einzelrangliste. Nur Helmut Braun in 2:42 Minuten und Christian Waldau in 3:54 Minuten haben 5 Treffer geschafft. Kann der seit 2014 erste Mann der Stadt auch der Erste in der Biathlon-Rangliste werden? Seinen 4. Schuss setzt der aktive Fußballer beim LWL 05 ins Ziel. Nun liegt nur der verflixte letzte Schuss noch vor ihm, der selbst Biathlonprofis so oft daneben geht, weil der Kopf dazu neigt schon einen Schritt weiter zu denken und der Fokus auf den Zielvorgang mitunter nicht mehr 100%ig da ist. Der vor seiner Bürgermeister-Tätigkeit als Lehrer für Geschichte, Latein und Politik mit 2. Staatsexamen arbeitende dreifache Familienvater lässt sich in dieser Situation durch nichts aus der Ruhe bringen und setzt nach 2:22 Minuten auch seinen 5. Schuss ins Ziel. Damit holt er für sein Rathaus-Team den Sieg der Biathlon-Team-Challenge gegen die ganz starken Gegner des SCSW Attendorn und steht als Sieger des Einzelwettbewerbs als Attendorns Vertreter sogar im Finale der Biathlon Deutschland-Tour am 8./9. Februar in der Ruhpoldinger Chiemgau-Arena.

Herzlichen Dank an die Fachwartin Schwimmen des SCSW Attendorn, Sandra Cermann, die unsere 8 Teamwettkämpfer mit Medaillen, Shootingstar-T-Shirts und Siegerpokalen auszeichnet. Wir hoffen, dass die nächste Biathlon-Team-Siegerehrung in Attendorn der feierliche Abschluss eines tollen Biathlon-Spektakels mit 10, 15 oder 20 Teams sein wird und sagen bereits heute dankeschön für die Bereitschaft von Sandra Cermann und des SCSW, bei der Staffelsuche aktiv zu helfen. Wir sind optimistisch, dass dann auch die engagierte Skiabteilung des TV Attendorns und unsere Titelverteidiger aus dem Attendorner Rathaus weitere Mitmacher motivieren und möglicherweise freuen sich auch die beiden Sporthändler in der Attendorner Altstadt, wenn sie angesprochen werden dabei zu helfen. Die Biathlon-Tour bedankt sich bei allen Wettkämpfern des Tages, bei der Stadt Attendorn und bei der Werbegemeinschaft Attendorn, die auf die Biathlon-Tour aufmerksam wurden und sie zum verkaufsoffenen Sonntag nach Attendorn holte. Der Anfang ist gemacht.

Bilder: Jörg Helmig Text: Martin Bremer Technik: Daniel Holtschneider