Skijäger im Fohlenrevier

Heute betreten wir sozusagen heiliges Terrain, so würden es zumindest die Fußballfans am Niederrhein und zahlreiche Freunde guten Fußballs in ganz Deutschland bezeichnen, denn hier in der Ortsmitte des Mönchengladbacher Stadtteils, Eicken, liegt die Geburtsstätte eines der bekanntesten Traditionsvereine unseres Landes, Borussia Mönchengladbach. Nur einen kurzen Fußweg von unserer Biathlonarena auf dem Eickener Markt durch die Fußgängerzone entfernt, steht das Denkmal des legendären Fohlentrios, Herbert Wimmer, Berti Vogts und Günter Netzer, die den Verein in den 1970er-Jahren zu 5 Deutschen Meistertiteln und zu einem der besten Teams in Europa schossen. Rund 50 Jahre später sind diese Erinnerungen weiter lebendig und ältere Fußballkenner halten den Fußball der Fohlenelf bis heute für den schönsten, der in Deutschland gespielt wurde. Auch, wenn wir heute den besten Skijäger im Fohlenrevier suchen, sind wir Sportfans genug, um die Energie einer solchen Tradition mitschwingen zu lassen und das gilt eher noch mehr, wenn man einbezieht, dass der Eickener Markt so ziemlich der komplette Gegenentwurf zum Münchener Marienplatz ist, wo das Feiern von Fußballmeisterschaften in populärer Kulisse zur Routine geworden ist. Eicken hat eigentlich nichts, was man unbedingt erwähnen müsste, und das ist ganz und gar nicht despektierlich gemeint, im Gegenteil, man taucht in eine Normalität, in einen Alltag, dessen Probleme sichtbar werden, ein, und erlebt so unmittelbar, dass große Leistungen im Sport (und auch ausserhalb des Sports) weder einen Laufsteg noch irgendein Glitzern für ihre Geburt benötigen, sondern gerade viel eher aus einem gewissen Grau heraus ersehnt und erstrebt werden, als Glitzertraum im Grau, der Magie und Kraft entfaltet, bis sogar ein kleines Wunder wahr werden kann. Und so kann kein Foto die Besonderheit dieser Location der 20. Etappe der Biathlon-Tour 2025, die wir gemeinsam mit dem Verein In Eickener Sache zum Herbstfest an diesem 1. Oktobersonntag als spontanes Mitmachevent anbieten, in ihrer Gänze vermitteln. Dass am Abend im Borussia-Park das Heimspiel gegen den SC Freiburg stattfindet und der Traditionsverein als Tabellenletzter einmal mehr einen Glitzertraum im Grau benötigt, wird weiter unten in diesem Nachbericht noch Thema sein.

Der Teamgeist macht Pause und lässt der spontanen Einzelchallenge den Vortritt

Im Vorfeld der Etappe waren wir etwas enttäuscht, keine erneute Teamchallenge organisiert zu bekommen, nachdem wir 2019 und 2022 hier jeweils Mönchengladbachs Biathlon-Teamchampion ermitteln konnten. Doch es lässt sich auch hier erkennen, dass der Alltag manche Teamanmeldung verhindert hat. Die Katholische Hauptschule Neuwerk, die bei beiden bisherigen Teamchallenges die meisten Staffeln stellte und 2019 mit der 14-jährigen Mara Faßbender auch den Shootingstar des 1. Eickener Biathlons, diese Schule existiert gar nicht mehr. Die Ökumenische Jugendarbeit Eicken (ÖJE), ebenfalls jeweils mit mehreren Teams am Start, hat ein neues Leitungsteam und bietet heute gleich neben der Biathlonarena Zuckerwatte an. Die Leidenschaft der Jugendlichen für unsere Challenge lebt aber zum Glück auch heute wieder auf, so dass wir bester Hoffnung sind, die ÖJE als Partner und Mitmacher einer künftigen Teamchallenge wiedergewinnen zu können. Die Veranstalter des Vereins In Eickener Sache sind an den eigenen Ständen gefordert, verkaufen Kaffee und Kuchen und müssen auf ihrem eigens organisierten Flohmarkt selbst aktiv sein, um die Kosten dieses Herbstfestes zu refinanzieren. Die politischen Parteien, SPD und Grüne, letztere sogar als Titelverteidiger der Teamchallenge, sind nach dem Bürgermeister-Wahlkampf der vergangenen Wochen erstmal in die Ruhepause übergegangen oder lecken ihre Wunden. Um so schöner, dass der Parteivorsitzende der Mönchengladbacher CDU, Simon Schmitz, mit sportlicher Power und viel guter Laune heute seine Biathlonpremiere feiert. Die Eickener Schützen und die Feuerwehr sind als Aussteller in dieses Herbstfest eingespannt und ein Fohlenteam von Borussia blieb auch in den Vorjahren schon unser Glitzertraum im Grau. Es fühlt sich ein bisschen wie eine vertane Chance an, zum einen für die Biathlon-Tour im Fohlenrevier, aber auch für den Stadtteil Eicken, der mit Zusammenhalt und Teamgeist ein schönes gemeinsames Sportspektakel auf dem Eickener Markt realisieren könnte. Stattdessen wird die 20. Etappe zum spontanen Mitmachevent für alle Neugierigen, das immerhin rund 250 Schnupperschützen anzieht und durch 50 Wettkämpfende seine Lebendigkeit erhält. Mit 400 m in den Skilanglauf-Cardiogeräten und 5 Schüssen Stehendschießen aus 10 m Entfernung auf die Ziele mit 45 mm Durchmesser ermitteln wir die oder den besten Biathleten/in des Tages und damit die/den Sieger/in der Reise zum Tourfinale nach Oberhof am 28./29. März 2026. Und hier sind die besten Skiläger im Fohlenrevier:

Freiburg geht in Führung

Die erste Meisterschützin der Biathlonchallenge am Eickener Markt ist am Mittag Melanie Link aus Furtwangen im Schwarzwald. Was die Sportschützin an diesem Sonntag nach Mönchengladbach zieht sehen wir in drohendem Rot erst, als sie ihre Jacke weglegt und sich für den Wettkampf bereit macht. Mission “Auswärtssieg” gleich in doppelter Ausführung? Und tatsächlich versetzt die sympathische Freiburg-Anhängerin mit ihrer Treffsicherheit die Borussen-Seele schon Stunden vor dem Abendspiel in erste Verunsicherung. Melanies perfekte 5 Treffer fühlen sich für manchen Fohlenfan wie die erste Halbzeit gegen Eintracht Frankfurt an. Auch da fielen 5 Treffer, die alle auf dem Konto “Mission Auswärtssieg” landeten. Hier an der Biathlonarena gönnen ihr die Eickener die Führung in der Etappenwertung, die sie mit 3:27 Minuten und 5 Treffern erreicht. Am Abend im Borussia-Park würde eine Freiburger Führung vielleicht für Entsetzen sorgen, hier auf dem Herbstfest weckt Melanie den Ehrgeiz der Lokalmatadoren. Von jetzt an bestimmen die Einheimischen das Spiel. Zumindest den Ausgleich nach Treffern stellt aber nicht die “Mannschaft”, sondern erneut eine Dame. Melanie Steckel (im grünlichen Hemd) hat zwar mit dem Freiburger Tempo Probleme, doch am Biathlongewehr beweist sie die Treffsicherheit von Tim Kleindienst auf dem Rasen. Mit 4:08 Minuten und 5 Treffern muss sich Melanie aus Mönchengladbach jedoch mit dem Platz hinter Melanie aus dem Breisgau begnügen. 3 Meisterschützen/innen bringt der heutige Tag hervor und wieder einmal zielen die Damen bei der Biathölon-Tour besser als die Herren.

Die Nordkurve will die Wende

Was hat die Nordkurve der Freiburger Führung entgegenzusetzen? Der Kampfgeist stimmt schon einmal. Das beweist Pascal Riele (obere Bildzeile, links). Na klar wird der Innenverteidiger des FC Holt am Abend in der Nordkurve dabei sein. Bei der Biathlonchallenge wird er zum Schnellsten des Tages mit 2:03 Minuten für die 400 m Skilanglauf UND seine 5 Schüsse. Im Modus der Biathlon-Tour, Treffer vor Zeit, kann Pascal mit seinen 3 Treffern jedoch nicht für die Wende sorgen. Das Tempo stimmt aber bereits bei den Gastgebern und das beweisen auch Thomas Ryniak (in der grünen Jacke) mit 2:20 Minuten und Mutro Sichku (neben Thomas im dunklen Dress) mit 2:22 Minuten, doch beiden fehlt bei 3 Treffern doch die perfekte Präzision. Die 3 schnellen Männer belegen die Plätze 7-9 in der Tageswertung. Treffsicherer zeigt sich Maksim Vocuk (obere Bildzeile mit dem Rucksack auf dem Rücken). Maksim beendet seinen Wettkampf eine Sekunde schneller als die führende Melanie, benötigt 3:26 Minuten und bleibt mit 4 Treffern und einem Wackler nur Millimeter von der Führung entfernt. Noch näher dran ist Feuerwehrmann Jörn Nießen (untere Bildzeile, rechts). Viele hier in Möchengladbach sagen, dass Borussia einen Feuerwehrmann braucht, an der Biathlonarena zeigt er sich, ist schnell und erzielt mit seinen ersten 4 Schüssen 4 Treffer. Doch die Führung vor Augen verschießt Jörn seinen Zehnmeter und muss mit Platz 4 der Tageswertung zufrieden sein. Nicht mal der Feuerwehrmann schafft die Wende.

Darüber freuen wir uns

Anders, als bei den meisten anderen Sportevents hat die Biathlon-Tour zum Glück einen höchst heterogenen Kreis an Wettkämpfenden. Frauen wie Männer, klar, den Aspekt hatten wir im Absatz zuvor. Sportlich Aktive ebenso wie Sportmuffel und das freut uns sehr, wenn wir nachfragen und hören, dass unsere mutigen Challenger mit Sport oder gar Wettkampf eigentlich nicht so viel “am Hut” haben. Und dann ist da natürlich auch die tolle Bandbreite beim Alter. In diesem Absatz erfreut uns das obere Ende dieser Bandbreite. Wir feiern generell besonders alle mutigen Wettkämpfenden jenseits der 70 Jahre und haben mit Wilfried (im Bild, rechts) wieder so einen Junggebliebenen als Senior des Tages. Der 71-jährige Eickener geht in den Familienwettkampf mit seinen Söhnen Marco und Sebastian. Dass Wilfried aus diesem nicht als Sieger hervorgeht wird ihn in diesem Fall wohl mehr freuen als andersherum. Aber dazu weiter unten mehr.

Eine besondere Freude ist uns auch Felix Steinhäuser (im Bild links unten). Der Redakteur der Rheinischen Post soll eigentlich nur für die führende Tageszeitung der Region von dem Event berichten, aber wie schön, dass er tiefer in das Event eintaucht, als es die Pflicht von ihm verlangt und die Biathlonchallenge zur eigenen Erfahrung macht. Wie oft erleben wir in der Berichterstattung eine ziemlich “verkopfte” Distanzwahrung, bei der dem Berichtenden die Verbindung zum Erlebnis völlig fremd bleibt. Dann entstehen ziemlich “blutleere” Artikel und man fragt sich, für wen sie einen Mehrwert bieten. Toll, dass Felix den Weg mitten durchs Erlebnis gewählt und mit Platz 10 in schnellen 2:40 Minuten mit 3 Treffern erfolgreich herausgefunden hat. Hier ist sein Artikel

Und schließlich freuen wir uns auch über lokale Politiker, die sich mutig in unsere Challenge trauen. Der Vorsitzende der Mönchengladbacher CDU, Simon Schmitz (im Bild oben links) bringt zusätzlich richtig gute Laune und volksnähe mit. Im Wettkampf mit dem jungen Feuerwehrmann, Frederik Nießen gibt’s ein 2:2 am Biathlongewehr, doch der Parteichef zeigt seine sportlichen Qualitäten als Hobbyläufer und erreicht in 2:46 Minuten die schnellere Zeit und wird mit der Shootingstar-Medaille ausgezeichet. Damit wird er zwar nicht, wie 2022 Hermann-Josef Stefes von den Grünen, zum Etappensieger, aber viel wichtiger wäre, dass die nächsten Volltreffer der Mönchengladbacher Lokalpolitiker den Stadtteil Eicken stärken.

Jugend vor: Die Biathlon-Fohlen

Direkt neben der Biathlonarena engagiert sich die ökumenische Jugendarbeit Eicken mit ihrer Leiterin, Paulina Breker und zahlreichen Kids und Jugendlichen. Gemeinsam stellen sie Zuckerwatte für die “Süßmäuler” unter den Besuchern her und, wann immer sie ein paar Minuten “frei” haben, treffen wir sie als Mitmacher an der Biathlonarena. Da ist Leander (untere Bildzeile, rechts), der gleich 5 x in den Biathlonwettbewerb startet und mit seiner nicht nachlassenden Begeisterung eine wunderbare Qualität einbringt.

Die 12-Jährige Mia Michaelis (obere Bildzeile, im schwarzen Dress) erinnert uns sogar etwas an Mara Faßbender, Eickens erst 14-jährige Etappensiegerin des Citybiathlons 2019. Ähnlich wie seinerzeit Mara zeigt Mia eine erstaunliche Robustheit auf dem kräftezehrenden Skilanglauf-Cardiogerät und schafft 3 Wettkämpfe. Dabei punktet Mia mit ihrer Lernfähigkeit und bei ihrem besten Wettkampf bringt sie starke 3 von 5 Schüssen ins Ziel. Damit erreicht die 12-Jährige den 16. Platz unter den 50 größtenteils erwachsenen Wettkämpfenden und ist drittbeste Biathletin des Tages. Starke 3 Treffer erzielt auch der 13-Jährige Enrico Bern und mit Mia und ihm hätte eine ÖJE-Biathlonstaffel schon zwei Leistungsträger. Amir (untere Bildreihe im linken Bild) und Aylin (obere Bildreihe mit rosa Ärmeln) haben heute schon die Motivation und Willenskraft von Top-Biathleten und müssen nur noch etwas an den Körperkräften arbeiten, um das Biathlongewehr ruhig halten zu können. Im nächsten Jahr werden sie das schon viel besser hinkriegen. Fazit: Die Nachwuchsarbeit der Biathlon-Fohlen bringt echte Talente hervor.

Heimsieg geschafft, zumindest beim Biathlon

Die Freiburger Führung an der Biathlonarena durch Melanie Link erweist sich als ziemlich “harter Brocken” für die Lokalmatadoren, doch zumindest hier auf dem Eickener Markt sorgt dann doch noch ein schneller Shootingstar für den Heimsieg. Sebastian Gruber bildet zusammen mit Bruder Marco und Vater Wilfried im Familienwettkampf sozusagen die Eickener Sturmreihe, die heute für die Wende sorgt. Das Tempo in der Cardioloipe macht bei den beiden Jüngeren eine Etappenführung durchaus möglich, obwohl Sebastian hinterher verrät, dass er auf den letzten 100 Metern ziemlich leiden musste. Sein Bruder, Marco, ist dann auch mit 2:40 Minuten der deutlich Schnellere, doch seine 2 Treffer bringen die Freiburger Führung nicht in Bedrängnis. Sebastian beweist dann, dass mit Nervenstärke, Konzentration und Treffsicherheit auch ein perfektes Ergebnis möglich ist. Mit 3:06 Minuten und 5 Treffern zeigt Sebastian echte Joker-Qualitäten und macht schon einmal vor, wie das geht mit dem Heimsieg. Für unseren Eickener Etappensieger + Begleitung wird nun wahr, was Borussias Fans Woche für Woche singen: “…dann fahren wir zum Auswärtsspiel und machen einen drauf.” Denn auf ihn wartet nun das Tourfinale in Oberhof, wo er gegen die Etappensieger der anderen Städte am 28./29. März 2026 um den Titel des Tourchampions kämpfen wird. Bis Borussia wieder um Championstitel kämpfen wird, könnte noch etwas länger dauern. Am Abend fehlt den Fohlen ein Shootingstar, wie Sebastian, doch mit dem 0:0 verlässt Borussia schon einmal den letzten Tabellenplatz. Jedes kleine Wunder beginnt mit dem ersten Schritt. Wir freuen uns auf das Wiedersehen mit unserem Eickener Etappensieger zum 2. Schritt im Thüringer Wald.

Die Biathlon-Tour sagt herzlich Dankeschön bei allen Wettkämpfenden und Mitmachern, die Lebendigkeit in diese 20. Etappe der Biathlon-Tour 2025 gebracht haben. Ein großes Dankeschön möchten wir an dieser Stelle auch einmal mehr an unseren Hauptpartner, den Biathlon-Weltcup Oberhof richten. Das größte Deutsche Biathlonspektakel, das vom 8.-11. Januar 2026 in der Arena am Rennsteig erneut die komplette Weltelite des Biathlons am Start haben wird, unterstützt die Biathlon-Tour und ermöglicht ihr damit erst den großartigen Siegerpreis der Reise zum Tourfinale für die oder den Besten jeder Etappe.

Der abschließende Dank geht an den Gastgeber des Tages, den Verein In Eickener Sache, der die Biathlon-Tour bereits zum dritten Mal auf sein Herbstfest geholt hat und viel Arbeit und Mühe in die Lebendigkeit und den Zusammenhalt des Stadtteils Eicken investiert.

Biathlon-Tour-Team: Bilder: Siegward Pein; Technik und Wettkampfbetreuung: Marco Feulner und Siegward Pein; Social Media-Betreuung: Lena Bremer und Marvin Meisel, Text und Moderation: Martin Bremer

Der andere Blick auf die Biathlon-Tour: instagram @biathlontour